Die Erinnerung wachsam zu verteidigen, dazu forderte Rechtsanwalt Arnaldo Loner, Nebenkläger der Gemeinde Bozen im Prozess über den SS-Wachmann im Lager Bozen Michael Seifert, am Freitag, den 24. Januar 2020, die Schüler und Schülerinnen der Maturaklassen der Technischen Fachoberschule Max Valier auf. Neben Rechtsanwalt Loner sprachen die Geschwister Franca und Bruno Avataneo, Peter Langer und Lionello Bertoldi, der sich nach dem Krieg dafür eingesetzt hatte, dass ein Teil der Mauer des Lagers in Bozen erhalten blieb.

Die Geschwister Franca und Bruno Avataneo beleuchteten ihre Familiengeschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Franca sprach nur über ihren Großvater Aldo Castelletti, der im September 1943 in Fondo im Nonstal verhaftet und deportiert wurde. Ihr Bruder Bruno entfaltet dagegen in seinem neuen Buch „Le ossa affaticate di Salomon Castelletti. Storia di una famiglia di ebrei mantovani“ die lange Geschichte seiner Vorfahren ab dem 15. Jahrhundert, um einen Einblick in das jüdische Leben zu gewähren, das wie in Mitteleuropa so auch in Italien und in Südtirol in der Schoah beinahe völlig ausgelöscht wurde. Ein besonders berührender Augenblick war, als Franca den Brief ihres Großvaters vorlas, den er im Meraner Gefängnis an seine zwei Töchter geschrieben hatte. Vielleicht kann Brunos Archivarbeit ein Ansporn dafür sein, auch mehr über die eigene Familiengeschichte erfahren zu wollen.

Peter Langer, ein Sohn des Arztes Artur Langer, der zuerst in Meran gewirkt und später das Krankenhaus in Sterzing aufgebaut hatte, sprach zu den Schülern und Schülerinnen über die Problematik der Flucht seines Vaters, der mit der Familie seines Bruders, des Rechtsanwaltes Erwin Langer, sieben schwierige Jahre nur deshalb überlebte, weil ihnen hilfreiche Menschen solidarisch zur Seite standen. Auf die Frage eines Maturanten, wie wir unsere Verfassung vor dem Populismus schützen können, antwortete Peter Langer, dass unser Staatspräsident unsere Verfassung schütze, die eine der besten Europas sei. Populisten vereinfachen komplexe Probleme und fabrizieren aus der Komplexität Slogans, die sie in die Welt hinausposaunen, aber es reicht bis ins Detail hinein nachzufragen, um schließlich herauszufinden, dass hinter den Slogans nur sehr wenig steht. Es darf kein Hass geschürt werden, Probleme dürfen nicht künstlich zu solchen gemacht werden. Es sei nötig, erklärte Langer weiter, geschichtliche Gräuel wie den Holocaust den nachfolgenden Generationen wieder und wieder zu erzählen. Da es aber immer weniger Zeit- und Augenzeugen sowie Überlebende gibt, muss die nachfolgende Generation diese Aufgabe übernehmen, damit sich so etwas Schreckliches wie der Holocaust nie wieder wiederholen kann.

Die Direktorin der TFO zitierte Hannah Arendts mahnende Worte: „Niemand hat das Recht zu gehorchen“.

Autorinnen: Sabina Mayr und Christine Kompatscher